Herstellung von Schwefelsäure

 

Schwefelsäure ist mit einer Menge von etwa 150 Millionen Tonnen pro Jahr die am meisten produzierte Chemikalie der Welt. Die Herstellung von Schwefelsäure im sogenannten Kontaktverfahren erfolgt im kontinuierlichen Prozess und umfasst drei Teilschritte: Zuerst wird z. B. durch Verbrennung von Schwefel mit Luft Schwefeldioxid gewonnen, das dann katalytisch zu Schwefeltrioxid oxidiert wird. Letzteres wird schließlich mit Wasser zu Schwefelsäure umgesetzt.

Schwefelsäure ist eine der wichtigsten Chemikalien überhaupt. Hergestellt wird sie aus Schwefeldioxid im Kontaktverfahren, das sogenannt wird, weil der zweite Reaktionsschritt in der Regel an einem Feststoff-Katalysator (Kontakt) abläuft.
Der Synthese findet in drei Schritten statt:

1. Gewinnung von Schwefeldioxid

Zuerst wird Schwefeldioxid gewonnen, indem üblicherweise Schwefel in einer stark exothermen Reaktion mit Luft verbrannt wird.

S+O2→SO2  ΔH=−297kJ/mol

Eine weitere Möglichkeit zur SO2-Gewinnung ist das Abrösten sulfidischer Erze wie z. B. Eisensulfid an der Luft:

4 FeS2+11 O2→2 Fe2 O3+8 SO2

Auch beim Recycling von industriell gebrauchter, verunreinigter Schwefelsäure, sogenannter Dünnsäure, erhält man Schwefeldioxid. Dieses Verfahren hat stark an Bedeutung zugenommen, seit die Verklappung von Dünnsäure im Meer nicht mehr erlaubt ist.

2. Oxidation des Schwefeldioxids zu Schwefeltrioxid

Im zweiten Schritt wird Schwefeldioxid im sogenannten Kontaktofen zu Schwefeltrioxid weiteroxidiert. Hierbei handelt es sich um eine exotherme Gleichgewichtsreaktion , die an Vanadium(V)-oxid als Katalysator abläuft.

SO2+0,5 O2→SO3  ΔH=−99kJ/mol

Da die Reaktion exotherm und unter Volumenverminderung abläuft, begünstigen niedrige Temperaturen und hohe Drücke die Bildung von SO3.

Möglichkeiten der Gleichgewichtsbeeinflussung

Bei Raumtemperatur läuft die Reaktion nicht ab, der technisch eingesetzte Vanadium(V)oxid-Katalysator führt erst oberhalb 400°C zu einer ausreichend schnellen Einstellung des Gleichgewichtes. Bisher wurde noch kein Katalysator gefunden, der schon bei tieferen Temperaturen wirksam ist.

a) Temperatur

Durch die exotherme Verbrennung von Schwefeldioxid erhitzt sich das Gasgemisch auf 600 °C und darüber, wodurch sich das Gleichgewicht auf die Seite der Ausgangsstoffe verschiebt.
Der Katalysator ist daher im Reaktor in mehreren Schichten angeordnet, zwischen denen das Gasgemisch immer wieder auf die optimale Temperatur abgekühlt wird. Der Wärmeaustausch erfolgt nach dem Gegenstromprinzip : Das heiße Reaktionsgemisch wird in außerhalb des Reaktors liegenden Wärmetauschern an den kalten Ausgangsstoffen vorbeigeleitet, die auf diese Weise für die Reaktion vorgewärmt werden.
Ein Reaktor in einer modernen Anlage ist über 10 m hoch, der Durchmesser beträgt auch über 10 m und er enthält bis über 100 Tonnen Katalysator. Die größten Anlagen produzieren bis zu etwa 3000 t Schwefelsäure täglich.

b) Konzentration der Edukte

Ein Überschuss an Sauerstoff wirkt sich zwar günstig aus, der Einsatz von reinem Sauerstoff, der durch Luftzerlegung gewonnen werden müsste, wäre aber in diesem Fall zu teuer.
In der Technik wird Schwefeldioxid aus diesem Grund mit Luft verbrannt, das Reaktionsgemisch hat ungefähr folgende Zusammensetzung: 10 % Schwefeldioxid, 11 % Sauerstoff, 79 % Stickstoff. Schwefeldioxid und Sauerstoff werden also im Verhältnis von ca. 1 : 1,1 eingesetzt, was einem Überschuss an Sauerstoff von ca. 110 % entspricht.
Unter diesen Bedingungen erhält man nach der 4. Katalysatorschicht je nach Temperatur einen SO2– Umsatz von 97 – 98%.

c) Druck

Durch Druckerhöhung wird zwar das Gleichgewicht auf die Seite des SO3 verschoben, allerdings ist die Volumenabnahme bei der Reaktion im Vergleich z. B. zur Ammoniaksynthese viel kleiner. Daher ist auch der Effekt nicht so groß. Außerdem ist die Kompression der Reaktionsgase sehr energieaufwändig, sodass dieses Prinzip nur in einer Schwefelsäurefabrik weltweit genutzt wird, weit über 1000 Anlagen arbeiten bei Normaldruck.

d) Entfernung des Reaktionsproduktes

Wenn man das gebildete SO3 zwischendurch durch Absorption aus dem Gleichgewicht entfernt und das verbleibende Gasgemisch nochmals über eine weitere Katalysatorschicht leitet, kann man SO2 – Umsätze von über 99,6% erreichen. Dieses sog. Doppelkontaktverfahren ( Doppelkatalyse ) mit Zwischenabsorption von SO3 wird bei allen Anlagen, die auf Basis von Schwefelverbrennung arbeiten, eingesetzt.

3. Absorption von Schwefeltrioxid

Schwefelsäure wird gebildet, wenn Schwefeltrioxid mit Wasser reagiert.

SO3 (g)+H2O (1)→H2SO4 (1)  ΔH=−130kJ/mol

Bei der Absorption des gebildeten gasförmigen Schwefeltrioxids kann man jedoch kein Wasser verwenden, weil die Reaktion so heftig verläuft, dass ganz feine Schwefelsäure-Tröpfchen entstehen. Diese würden im Absorptionsturm nicht zurückgehalten werden und mit dem Abgas der Anlage in die Atmosphäre gelangen.
Als Absorptionsmittel wird daher 96-98%ige Schwefelsäure verwendet, worin sich SO3 gut löst.
Die Absorption kann je nach eingesetztem Mengenverhältnis von 96 %iger Schwefelsäure und Schwefeltrioxid unterschiedlich betrieben werden.

Wird Schwefelsäure in sehr großem Überschuss eingesetzt, erhöht sich ihre Konzentration bei der Aufnahme von SO3

nur auf 99 – 100%. Durch anschließende Wasserzugabe wird sie wieder auf die ursprüngliche Konzentration von 96-96% gebracht.

Wenn weniger Schwefelsäure eingesetzt wird, reagiert Schwefeltrioxid mit dem in der Schwefelsäure enthaltenen restlichen Wasser, und der Überschuss löst sich dann physikalisch in der 100 %igen Schwefelsäure. Die entstehende Lösung wird als Oleum oder rauchende Schwefelsäure bezeichnet, da beim Öffnen der Flasche das Schwefeltrioxid teilweise verdampft und an der Luft Nebeltröpfchen bildet.
Das gelöste Schwefeltrioxid reagiert auch teilweise mit Schwefelsäure zu Dischwefelsäure.

SO3+H2SO4⇌H2S2O7

Bei Zugabe von Wasser bildet sich aus Dischwefelsäure wieder Schwefelsäure.

H2S2O7+H2O→2 H2SO4

Hier wird das Gegenstromprinzip nicht zum Wärmetausch, sondern für die effektivere Durchmischung der Reaktanten genutzt. Schwefeltrioxid wird von unten in den Absorber geleitet und mit Schwefelsäure, die in entgegen gesetzter Richtung geführt wird, zur Reaktion gebracht. das entstehende Oleum wird abgeführt und mit Wasser zu 96 %iger Schwefelsäure verdünnt. Ein Teil dieser Säure wird dem Absorber wieder zugeführt und dient der erneuten Absorption von Schwefeltrioxid (Kreislaufprinzip).
Oleum, für das es auch verschiedene Anwendungsgebiete gibt, kommt direkt in den Handel oder wird mit Wasser verdünnt und als konzentrierte Schwefelsäure (96%ig) verkauft.

Abgasreinigung bei der Schwefelsäureherstellung

Da im Arbeitsbereich des Katalysators von 420 – 500°C das SO2/SO3 -Gleichgewicht nicht vollständig auf der Seite des Schwefeltrioxids liegt, werden je nach Arbeitsweise nur etwa 98% des SO2 im Falle der Normalkatalyse bzw. 99,6 % im Falle der Doppelkatalyse umgesetzt. Das Abgas der Anlage besteht aus etwa 94% N2 und ca. 6% O2 und enthält noch 0,05 bis 0,2% SO2. Eine Schwefelsäureanlage mit einer Tagesproduktion von 1000 Tonnen würde demzufolge bis zu knapp 20 Tonnen SO2 täglich in die Atmosphäre emittieren.
Aufgrund des hohen Stickstoffanteils kann das Abgas nicht direkt im Kreislauf gefahren werden, um das enthaltene Schwefeldioxid vollständig umzusetzen.
Schwefeldioxid, das als Umweltschadstoff an der Entstehung des sauren Regens mit beteiligt ist, muss deshalb aus den Abgasen der Schwefelsäurefabriken durch eine spezielle Abgasreinigung entfernt werden.
Für die Abgasreinigung gibt es verschiedene Verfahren. Eine häufig bei Anlagen mit sogenannter Normalkatalyse eingesetzte Variante ist die Nutzung folgender Gleichgewichtsreaktion:

Absorption, Raumtemperatur
SO
2+SO32−+H2O  ⇌  2HSO3-
Desorption,ca.100°C

Schwefeldioxid wird aus dem Abgas mit einer Natriumsulfit – Lösung bei Raumtemperatur im Absorber unter Bildung von Natriumhydrogensulfit ausgewaschen. Diese Lösung wird dann in einem zweiten Reaktor, dem Desorber, erhitzt. Das Gleichgewicht verschiebt sich dabei auf die Seite des Sulfits. Die Sulfitlösung wird nach Abkühlen wieder im Kreislauf in den Absorber gepumpt, das ausgetriebene Schwefeldioxid wird in die Schwefelsäureanlage zurückgeführt. Über den Umweg der Abgasreinigung wird das Schwefeldioxid aus dem Abgas dem Kontaktofen wieder zugeführt und so vollständig umgesetzt.

 

Info’s zur Verwendung von Schwefelsäure finden Sie hier.